Wenn wir von UPU / Weltpostverein sprechen, dann geht es dabei immer um ein Poststück im Internationalen Postverkehr. In der Postgeschichte ist die Gründung des Weltpostvereins (UPU) am 9.10.1874, resp. das Inkrafttreten des Weltpostvertrags am 1. Juli 1875, ein Meilenstein. Sein Zweck diente einzig dazu, die internationale Zusammenarbeit der Postunternehmen und Behörden zu regeln, und die Rahmenbedingungen des grenzüberschreitenden Postverkehrs zu vereinfachen. Diese klaren Bedingungen hatte man bis zur UPU mittels Postverträgen mit Nachbarländern geschaffen, aber eben mit jedem Staat für sich ausgehandelt. Wenn das Nachbarland lediglich Transitland war, war der eigene Vertrag abhängig vom Vertrag der Transitländer mit weiteren Transitländern oder dem Destinationsland in welchem das Postgut abgeliefert werden sollte. Sind nun solche Verträge von Transitländern geändert worden mussten die Tarife über die ganze Kette der Vertragsstaaten, innerhalb der Route, angepasst werden. Solche Änderungen wurden dann in der Schweiz in Postamtsblättern und oder auch Verfügungen festgehalten und waren sodann Bestandteil des aktuellen Tarifblattes, bis dieses wieder als Ganzes erneuert wurde. Mit dem zunehmenden Postverkehr war dies ein enormer Verwaltungsaufwand für die Postanstalten. Diese Abhängigkeitsketten sollten mit dem Weltpostverein abgeschafft und vereinfacht werden, denn auch die Abrechnungen unter den Vertragsstaaten wurden nicht einfacher, so dass mit dem Weltpostverein auch die dabei anfallenden Postgebühren zu vereinfachen und zu koordinieren waren und erweiterte Servicestrukturen weltweit aufgebaut und eingeführt werden konnten.
Eine spannende Episode der Postgeschichte ist demnach die Übergangszeit von der Gründung des Weltpostvereins mit 22 Mitgliedern bis zum weltumspannenden Postnetz des Weltpostvereins. So wurde 1875 in den Tariflisten unterschieden nach Vereinsinland und Vereinsausland. Dies machte sich dann später bemerkbar, da für die Überseedestinationen als Mitglieder in dem sogenannten AII Tarif für das Vereinsinland einen Überseezuschlag von 15 Rp. zu zahlen war . Für Nichtmitglieder gab es bis 1892 den gesonderten B Tarif, welcher je nach Land und Postvertrag unterschiedlich sein konnte. Es brauchte jedoch noch bis 1893 bis ein einheitlicher Briefposttarif weltweit durchgesetzt werden konnte.
Postgeschichtliche Themen wie das Sammeln nach Tarifen nach der Gründung des Weltpostvereins sind durchaus interessant. Die Zeitperiode von 1875-1892 welche den Übergang von UPU Mitglied und nicht Mitglied bearbeitet, bietet ein reiches Spektrum an höchst interessanten Details.
Betrachten wir doch einmal einige der Möglichkeiten in der Zeitperiode 1875-1900.
Die Tarife und die Ausweitung des Weltpostvereins
Anfänglich galt bei den meisten Aussereuropäischen Destinationen unterschiedliche Tarife, so wurde unterschieden zwischen Vereinsinland (A Tarif) und Vereinsausland (B Tarif).
Im Vereinsinland (A Tarif) wurde dann je nach Zeitperiode weiter unterschieden zwischen Europa + USA und den weiteren überseeischen Ländern welche im Weltpostverein Mitglieder waren.
Verkleinerter Auszug aus der Destinationen Preisliste des A Tarifs von 1875
Der A1 Tarif ab 1875
Der Tarif in Europa, für das Festland und grösstenteils die Inseln und den USA, setzte das Porto für einen einfachen Brief bis 15 Gramm Gewicht auf 25 Rp. ab UPU (1.7.1875) fest.
Die Vereinigten Staaten von Amerika ebenfalls Gründungsmitglied des Weltpostvereins.
Brief aus Oberhofen/Schweiz vom 8.8.1875 nach den USA gemäss UPU Vertrag vom 1.7.1875 für 15 Gramm Gewicht zu 25 Rp. Porto.
Chargierter USA Brief zum Gewicht bis 15 Gramm, mit Porto zu 25 Rp + Charge Zuschlag zu 25 Rp.
Im Vereinsausland (B Tarif) wurden alle Nichtmitglieds-Staaten behandelt, bei welchen dann die individuell ausgehandelten Postverträge unter den Ländern als Grundlage galten.
Verkleinerter Auszug aus der Destinationen Preisliste des B Tarifs von 1875.
Eine Ausnahme bildete das Fürstentum Montenegro, welches dem Weltpostverein damals nicht beitrat.
Bei Frankreich sollte der neue Tarif noch bis zum 1.1.1876 aufgeschoben werden. Was zwangsweise zu einem neuen Tarif für Frankreich führte. Alle Briefe welche ab dem 1.7.1875 bis zum 31.12.1875 über Frankreich geleitet wurden, mussten in diesem Tarif berücksichtigt werden.
Brief in der dritten Gewichtsklassse über Frankreich nach dem Tarif No. 3 vom 1.7.1875, nach Südamerika und via Magelanstrasse nach dem an der Pazifikküste gelegenen Valparaiso/Landungshafen. In Valparaiso mit 90 Centavos Inlandtaxe belastet.
Mit der Zeit wurden immer mehr Länder zu Mitgliedern des Weltpostvereins, bemerkbar machte sich die in den Verfügungen und in den neuen Tarifen der Post. Während die Liste der A Tarifländer (Mitglieder) sich erweiterte, nahmen die Liste der Staaten welche zu den B Tarifländer (nicht Mitglieder) gehörten, zunehmend ab.
Speziell war, das Frankreich erst ab dem 1.1.1876 Mitglied im Weltpostverein war, daher wurde eigens ein Tarif No. 3 für Frankreich welcher 6 Monate Gültigkeit hatte, herausgegeben.
UPU Tarif dann ab dem 1.1.1876 Frankreich ist Mitgliedsstaat.
Allgemeiner Briefposttarif ab dem 1.7.1877 Tarif I (Mitgliedsstaaten)
Später, ab 1877 wurde der A Tarif unterteilt in AI und AII Tarif. Zu diesem Zweck gab es in den Tariflisten die Auflistung der Länder und deren Postvereins Zugehörigkeit oder gar der Vereinsausland Tarif.
Seite 1 von 3, welche die Zugehörigkeit der Länder zum Tarif 1877 bestimmten.
Zum AI Tarif gehörten alle Mitgliedsstaaten aus den Anfängen und weitere Länder die ein Landverbindung hatten.
Im Vergleich hierzu eine Brief nach Alger/Algerien zur zu 25 Rp. und ein Brief nach Mulhouse zu 25 Rp.
Beides sind 25 Rp Frankaturen für Vereinsmitglieder. Mulhouse gehörte nach dem Deutsch Französischen Krieg zu Preussen.
Der Vereinsinland Tarif AII für Übersee, ab 1877 wurde auf 50 Rp. festlegen.
Wenn wir demnach zur Zeit der Sitzenden Helvetia gezähnt, 50 Rp. Frankaturen nach Übersee antreffen, basieren diese Meist auf dem Tarif AII.
Portogerecht mit 50 Rp frankierter Brief ab Winterthur 27.5.1878 über London nach Buenos Ayres. Zum Vereinsinland Tarif AII vom 1877 waren Briefe nach Argentinien ab dem 1.9.1877 mit 50 Rp. zu frankieren.
50 Rp. auf Brief nach Honkong zum Tarif von 1877 Punkt a1 Britische Besitzungen in Asien.
1877 B Tarif
Der Vereinsauslandtarif 1877 als B Tarif bezeichnet, war nach wie vor mit beträchtlicher Anzahl Ländern, ausserhalb des Postvereins vertreten.
Hier ein Abbild von Seite 1 des Tarifes welcher immer noch 5 Seiten umfasste.
Brief von Mannenbach 18.6.1878 nach King Williams Town "British Kaffaria", über Cap der Guten Hoffnung 6.9.1878 und Ankunft am 21.9.1878. Ein Brief weitergeleitet in das Kriegsgebiet (zweiter Sekukuni-Krieg) über Durban 9.10.1878 nach G.P.O Natal 10.10.1878. "Rückseitig noch schwarzer Mo.11 Greytown". Frankatur hätte 75 Rp. sein müssen. Der Brief lief daher laut Tarif vom 1.6.1878 als unfrankierter Brief zu 100 Rp. das bestehende Portos von 50 Rp. wurde gutgeschrieben, es fehlten noch 50 Rp. welche der Empfänger zu zahlen hatte. Die Weiterleitung ins Kriegsgebiet wurde nicht verrechnet.
Der A2 Tarif für das überseeische Vereinsinland galt vom 1.4.1879-31.5.1883
Der neue Vereinsinländische Tarif reduzierte die Taxe für Mitgliedsländer in Übersee für Briefe bis 15 Gramm, von 50 auf 40 Rappen.
Es galt der 25 Rp. Auslandtarif mit einem Überseezuschlag von 15 Rp.
Brief vom 25.2.1880 nach Japan zu 40 Rp Brief nach Argentinien vom 16.7.1879
Einige spektakuläre Frankaturen aus der Übergangszeit
Gebiete welche direkt zum Verieninland gehörten, waren dem neuen AII Tarif nach behandelt und mit 40 Rp verrechnet worden. Der Leitweg hatte hier keinen EInfluss darauf.
A2 Tarif auf Überseebrief von Wädenschweil am Zürichsee vom 11.3.1881 und einmal St. Gallen vom 9.5.1882, beide aus der Übergnagszeit der Sitzenden Helvetia gezähnt zur Stehenden Helvetia, nach Penang Malaysia Porto pro Gewichtsstufe a 15 Gramm = 25 Rp. + ÜBERSEEZUSCHLAG von 15 Rp. = 40 Rp Gesamtporto.
Auch Postkarten konnten zum A2 Tarif versendet werden.
Es galt das 10 Rp. Postkartenporto und ein Überseezuschlag von 10 Rp. Es sind von diesen Postkarten zum AII Tarif bisher nur sehr wenige Stück (5) bekannt geworden.
Keine Regel ohne Ausnahme, Englisches Besitztum in Übersee.
Einige Englische Besitzungen in Übersee welche zum Englischen Vereinsinland gehörten, wurden weiterhin mit dem Porto von 25 und dem Überseezuschlag von 25 Rp. gerechnet, sofern sie über England oder Englische Besitztümer gelaufen sind,
50 Rp. auf Brief nach Addah zum Tarif als Britische Besitzungen über London nach Afrika gelaufen.
Ab dem 1.6.1883 wurden die Vereinsinlandtarife AI und AII auf 25 Cts. Vereinheitlicht.
Damit fielen die Überseezuschläge von 15 Rp. ab diesem Datum weg.
25 Rp. Auslandporto von Zürich 9.4.86 nach Überseedestination Penang.
Aus dieser Zeit hört man dann oft, die Briefe seien Langweilig, da immer die gleiche grüne oder blaue 25Rp. Marke drauf klebt. Das mag für den einen oder anderen ein Grund sein, solche Belege nicht in seine Sammlung aufzunehmen. Doch um die Geschichte hinter den Belegen zu erzählen reicht es allemal und wer einen guten Riecher hat, der findet auch mal ein Tüblibrief mit Zusatzfrankatur.
Die Zeitperiode ist auch von der Geschichte her sehr Interessant, denn hierbei handelt es sich um den Ausbau des Welthandels, Europa hat zu dieser Zeit auch eine grössere Wirtschaftskriese zu überwinden, welche zu grossen Auswanderungen in die neuen Welten führten. Viele Europäer versuchen Ihr Glück in er neuen Welt um sich etwas aufzubauen.
Ein Gebiet welches sich hervorragend mit solchen Briefen dokumentieren lässt.
Australien als Nichtmitglied gehörte noch bis zu deren Beitritt 1891 zum B Tarif
2.- Fr Briefporto für Briefporto nach B Tarif von Geneve nach Brisbane, Australien. 10.2.1887 Australien trat erst 1891 dem Weltpostverein bei, so wurde das Porto für diesen Brief mit 2x 75 Rp. für ein Briefgewicht ab 15- 30 Gramm und den Charge Zuschlag mit 50 Rp. festgesetzt, was das geklebte Port von 1.75 Fr. + die 25er Tübli Ganzsache, zusammen 2 Fr. bestätigt.
Der B Tarif für Nichtmitglieder wird am 1.7.1892 abgeschafft.
Ab Mitte 1892 wurden die AI und AII Tarife auf dem Weltpostkongress in Wien 1891 abgeschafft. Alle bestehenden Verträge wurden erneuert. Die Änderungen traten am 1. Juli 1892 in Kraft, ab da galt dann nur noch der UPU Tarif .
Alle Porti für Briefe ins Ausland wurden vereinheitlicht und auf 25 Rp. pro 15 Gramm Gewicht festgesetzt. Der Charge Zuschlag (eine Serviceleistung) wurde für Briefe ins Ausland auf 25 Rp festgesetzt. Expressbriefe (eine Serviceleistung) wurden wie bisher mit 30 Rp. belastet, sofern es keinen Wegzuschlag ab Empfänger Poststelle zum Empfänger gab.
Ein schönes Beispiel dazu ist Tonga. Tonga hatten keinen Postvertrag. Das Königreich Tonga war zu diesem Zeitpunkt eigenständig und erst ab 1900 ein britisches Protektorat. Die Post von und nach dem Königreich Tonga wurde immer über Neuseeland befördert.
Doppelgewichtiger Brief aus Lausanne an den Konsul von Norwegen und Schweden nach Santos/Brasilien mit Weiterleitung nach Tonga Island nach dem Einheitstarif für Briefe über 15-30 Gramm. Lausanne 16.7.1894, via Paris /Etranger über Plymouth/GB 00.8.1894, Ankunft : Rio De Janairo 7.8.1895, Ankunft: Santos 9.8.1894. In Brasilien musste der Brief weitergeleitet werden nach Nukualofa/South Sea Island, was nur über New Zealand möglich war. Daher Abgang Rio de Janairo 12.9.1894, Ankunft: Aukland 3.11.1894, Ankunft: Nukualofa/Tonga 16.11.1894
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Übergangszeit von 17 Jahren ab Einführung des Weltpostvereins am 1.7.1875 - 1.7.1892 andauerte. Eine Sammlung nach den verschiedenen Tarifkriterien aufzubauen ist hier durchaus möglich. Einzig die Kenntnisse und die Tarife werden benötigt um diese interessanten Tarifperioden mit belegen und zu Dokumentieren. Die Sammler die sich an ein solches Projekt wagen, muss noch gesagt werden, je näher der Abgangsstempel an den Zeitpunkt des Tarifwechsel herankommt, umso mehr gilt die Sammlung als Dokumentation der Tarifwechsel. Es ist nicht der Preis der Belege welche den Wert einer Sammlung bestimmen, es die Kenntnis der Sammler der damit die Ausbautiefe der Sammlung ausarbeitet. Die Juroren an den Ausstellungen schauen hier sehr genau hin.
Ab hier war dann für die optimale Frankatur ein einfach gewichtiger Brief mit einer 25 Rp zu beklebt, zu Anfang in der Farbe Grün, ab 1893 dann der Wechsel zur Farbe Blau.
Postkarten ins Ausland wiederum wurden mit 10 Rp. Porto belegt, wobei der Charge Zuschlag auch bei Postkarten bei 25 Rp. lag. Drucksachen ins Ausland wurden bei 5 Rp. pro 50 Gramm belassen. Bei der Packetpost/Fahrpost wurden die Tarife ebenfalls vereinheitlicht.
Die einen mögen die Zeitperiode nach der UPU mit einfachen Frankaturen verglichen. Wir sehen dass sich in 17 Jahren ab der UPU aber noch einiges getan hat bis sich ein Einheitstarif mit 25 Rp. etablierte. Daraus liessen sich dann spezielle gleichwertigen Buntfrankaturen basteln. Als dann am 1.7.1900 das 25 Jährige Jubiläum des Weltpostvereins mit der ersten Sondermarke der Schweiz gefeiert wurde, gab es von der 25 Rp Marke, welche als Porto verwendet werden konnten gleich 3 verschiedene Marken welche auf dem untenstehende Brief dies dokumentiert.
Brief in der Anfangszeit der ersten Sondermarke UPU 1900, vom 2.7.1900. Der Tarif war pro 25 Gramm Gewicht bei 25 Rp + 25 Rp für Charge. Man muss hier davon ausgehen, dass der Brief im Bereich von 25-50 Gramm Gewicht lag, damit das Porto von 3x25 Rp. mit Charge Zuschlag gerechtfertigt war. Interessant ist die Verwendung der Marken 25 Rp grün (67D) + 25 Rp. blau (73D) + UPU Sondermarke zu 25 Rp. in blau (79A). > Eine wunderbare spielerische Frankatur.
Spielerische Frankaturen waren immer möglich und Briefmarkensammler machten schon damals reichlich Gebrauch davon.