Wo liegt SCADTA?
Abb. 1: Farman-Flugzeug der Compania Colombiana de Navegacion Aerea, die gleichzeitig mit der SCADTA gegründet wurde, aber nach kurzer Zeit den Betrieb einstellen musste, da die Flugzeuge aus Sperrholz den Anforderungen in den Tropen nicht genügten. Die mehrfarbigen Vignetten gehören heute zu den grossen Seltenheiten der Aerophilatelie; sie wurden 1920 als Luftpostzuschlagsmarken (Nennwert je 10 et) verwendet: meist auf der Strecke Cartagena-Barranquilla.
SCADTA heisst SOCIEDAD COLOMBO-ALEMANA DE TRANSPORTES AEREOS, Deutschkolumbianische Lufttransport Gesellschaft. Sie wurde im Dezember 1919 von kolumbianischen und deutschen Geschäftsleuten in Barranquilla gegründet. Es gibt kaum ein Land, das so für den Luftverkehr prädestiniert war, wie gerade Kolumbien. Die nördlichen Ausläufer der Anden teilen sich in diesem Land in 3 Teile. Bis 1920 war der Magdalenenstrom die wichtigste Verkehrsader, von wo aus Eisenbahnverbindungen nach den wichtigsten Teilen des Landes führten, so auch in die auf fast 2500 m Höhe gelegene Hauptstadt Bogota (Abb. 2.). Am 19. Oktober 1920 fand der erste Flug mit Luftpost von Barranquilla nach Girardot am oberen Magdalenenfluss statt. Die SCADTA erhielt von der Regierung das Recht, gegen einen Luftpostzuschlag Poststücke ins Innere des Landes zu befördern.
Von dieser Einnahme mussten 2 % an die Regierung abgeführt werden. Ausserdem musste jede Postsendung auch die entsprechende Marke der Staatspost tragen. Diese Regelung bestand bis zum Jahre 1959 (Dezember). Von da an konnte die Luftpostgebühr mit einer Marke entrichtet werden die einen 20 %igen Anteil der Regierung einschliesst. Luftpostsendungen können auch heute noch nur mit Luftpostmarken freigemacht werden.
Die Luftpost erfreute sich sofort eines regen Zuspruchs, verkürzte sie doch die Laufzeit eines Briefes etwa von der Küste ins Innere des Landes von 12—14 Tagen auf 2 Tage! Bei Trockenzeiten, in denen die Fluss-Schiffahrt mit Raddampfern auf dem Magdalena sehr schwierig wurde, war die Verkürzung noch wesentlich grösser. Es gab um diese Zeit und fast bis Ende der 20er Jahre keine Möglichkeit, vom Ausland die Luftpostgebühren zu erlegen. Anfänglich schickten vor allem Firmen in Zentraleuropa ihre Post an einen Korrepondenten in Cartagena oder Barranquilla, später an das SCADTA-Office in Barranquilla (Abb. 3).
Abb. 3: Ansicht der Stelle an der die SCADTA-Flugzeuge bei Girardot am MagdalenaFluss wasserten; um 1921.
Man musste dort also ein Luftpostkonto unterhalten. So kam man relativ schnell auf die Idee, im Ausland Verkaufsstellen für die Luftpostzuschlagsmarken zu errichten. Es waren dies die Vertretungen der SCADTA und kolumbianische Konsulate. Da um diese Zeit vor allem in Europa viele Währungen grossen Schwankungen unterworfen waren, schuf man die Länderüberdrucke. Es waren die Anfangsbuchstaben der Länder in spanisch.
Wir müssen von diesen Länderüberdrucken - auch bekannt unter der Bezeichnung Konsulatsmarken — drei Ausgaben unterscheiden:
- 1) Handstempel-Aufdruck auf Marken der Ausgabe 1921
- 2) Handstempel-Aufdruck auf Marken der Ausgabe 1923
- 3) Maschinenüberdrucke auf Marken der Ausgabe 1923.
Letztere wurden von 3 Ausnahmen abgesehen alle in der Reichsdruckerei Berlin hergestellt. Im Jahre 1929 wurden die Konsulatsmarken durch eine internationale Serie abgelöst, die in allen Ländern verwendet werden konnte und in amerikanischen Dollars zu bezahlen war (Abb. 4).
Abb. 4: Luftpostbrief von Montclair USA nach Bogota. Von PAA bis Buenaventura und von dort mit SCADTA nach Bogota geflogen. Luftpostzuschlagfür Kolumbien 25 cvs allgemeine Auslandsausgabe von 1929
Man bezeichnet deshalb vor allem in Kolumbien die Länderüberdrucke als PREINTERNACIONAL. Soweit die Postsendungen im Ausland aufgegeben waren, waren diese bereits mit dem jeweiligen Auslandsporto des betreffenden- Landes freigemacht. In diesem Fall entfiel das Aufkleben einer normalen (zusätzlichen) kolumbianischen Postmarke. Frankreich und Deutschland schlössen mit der SCADTA bereits Ende der 20er Jahre Verträge, so dass der Luftpostzuschlag in diesen Ländern mit Marken des Ursprungslandes beglichen werden konnte. Weitere Länder folgten. Mit Deutschland wurde der Vertrag am 15. November 1927 unterzeichnet. Die Konsulatsmarken wurden in Deutschland durch Verfügung im Amtsblatt No. 127 vom 26. März 1926 von der deutschen Post abgestempelt. Eine Verordnung der PTT (DM Nr. 37) vom März 1926 verfügte dasselbe für die Schweiz. Die Schweizer SCADTA Post wurde dem Auswechselpostamt Basel zugeleitet und erhielt dort den Stempel BALE 2-OUTRE MER, soweit die Poststücke nicht vorher schon vom Aufgabepostamt entwertet worden waren.
Es interessieren uns hier in erster Linie die Ausgaben für die Schweiz. Der Aufdruck "S" = Suiza existiert mit Handstempelauf der kompletten Ausgabe von 1921. Die Werte von 20 cvs und 5 pesos wurden bislang auf Briefen nicht bekannt. Von der 5 pesos-Marke existieren nur ganz wenige Stücke. Der Überdruck war in violetter Farbe. Die Werte 60 cvs, 2 und 3 pesos sind auch mit schwarzem Überdruck bekannt, welcher sicher aus späterer Zeit stammt, da die 60 cvs-Marke erst im April 1923 erschien. Zwischen der Ausgabe der Handstempelaufdrucke auf der Ausgabe 1921 und den Maschinenüberdrucken von 1923 war ein so kurzer Abstand, dass von der Schweiz und auch von Deutschland keine Handstempel auf der Ausgabe 1923 existieren. Fälschungen der Handstempelüberdrucke auf ungebrauchten Marken sind bisher nicht bekannt geworden. Die Maschinenüberdrucke mit "S" findet man auf Poststücken ab Ende 1924. Der seltenste Brief mit Handstempelüberdruck ist ein am 24.7.23 von Zürich nach Bogota gerichteter Einschreibebrief an den Schweizer Konsul Herrn Röthlisberger mit den 6 verwendeten Centavos Marken und den Werten zu l, 2 und 3 Pesos plus Schweiz Auslandporto von Fr. 1.10.
Die Konsulatsmarken mit "S" Überdruck konnten auch in Liechtenstein verwendet werden. Ambekanntesten sind 5 Sammlerbriefe die am 29.11.27 von Triesenberg über Barranquilla nach Bogota gingen (Abb. 5). Sie tragen die 20 cvs-Einschreibemarke mit "R" und weitere Marken um den Luftpostzuschlag von 30 cvs zu komplettieren. Da der Brief an die SCADTA in Bogota gerichtet war, hat er auch noch den Stempel OFL = OFFICIAL.-CORREO AEREO, was eigentlich bedeutet hätte, dass der Brief auch ohne Luftpostzuschlag befördert worden wäre. Herr Hermann E. Sieger hat diesen Fall im Journal Philatelique Suisse No. 3 von 1954 genau beschrieben.
Die Konsulatsmarken findet man noch auf Briefen (Italien) mit Poststempel von Anfang 1934. In der Schweiz wurden ab 1929 bis 1932 die Marken der allgemeinen Auslandsausgabe benutzt. Das galt auch für Paketsendungen (Airexpress) innerhalb Kolumbiens. Die Pan American hatte seit 1929 Aktien der SCADTA und ab 1931 gab es einen kombinierten Flugdienst PAA-SCADTA, wobei die PAA die Briefe bis Barranquilla bzw. Buenaventura (pazifischer Hafen) beförderte. Diese Post erhielt später die Bezeichnung MAMCOMUN vom spanischen Wort MANCOMUNICADO, frei übersetzt „Gemeinschaftsdienst". Dazu kam noch kurz vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges der CORREO AEREO TRANSOCEANICO und der CORREO AEREO TRANSALTINCO; der erste ging über Brasilien (Condor), der andere über New York (PAA).
Die Ausführungen wären nicht komplett, würde man die Sonderausgaben für Ecuador unerwähnt lassen. Dieser Flugdienst bestand von Juni 1928 bis Ende 1930 und wurde ausschliesslich mit SCADTAFlugzeugen durchgeführt. Fast l Jahr lang wurden die SCADTA- Marken der Ausgabe 1923 mit dem Überdruck ECUADOR PROVISIONAL und Angabe in equatorianischer Währung verwendt; ab April 192 fand eine endgültige Ausgabe mit Werten von 50 Centavos bis 25 Sucres Verwendung.
Abb. 5
Es war lange Zeit umstritten, ob die SCADTA-Marken als Privatpostmarken zu betrachten seien oder als vollwertige Postwertzeichen. Unbedingt das letztere ist der Fall. Die SCADTA hatte zwar das Recht, Zuschlagsmarken herauszugeben; der Erlös gehörte aber teilweise der Regierung und schon deshalb musste die Regierung genau über alle Ausgaben unterrichtet sein. Auch heute verkauft die Avianca, die Rechtsnachfolgerin der SCADTA seit Ende 1939, die Zuschlagsmarken genau wie früher die SCADTA, mit dem einzigen Unterschied, dass der Tribut an den Staat, wie gezeigt, viel höher geworden ist.
Wer sich weiter für dieses sehr interessante Sammelgebiet interessiert, kann sich durch die Vertretungen der Avianca das Buch "LOS PRIMEROS CINCUENTA ANOS DE CORREO AEREO EN COLOMBIA" besorgen lassen, das spanischen und englischen Text aufweist.
© Schweizerische Vereinigung für Postgeschichte / SVPg