Philatelistische Begriffe: Portobriefe & Frankobriefe

Anlässlich der letzten Vorstandssitzung diskutierten wir über den Fakt, dass bei den Philatelisten verschiedene an und für sich klare Begriffe oft sehr unscharf verwendet werden. Hier ein Versuch bei den Paaren Philatelie - Vorphilatelie und Franko - Porto Klarheit zu schaffen. Gemäss Wikipedia wurde der Begriff Philatelie erstmals in der Zeitschrift Le Collectionneur de timbres-postes vom 15. November 1864 verwendet. Er leitet sich aus dem Zusammenzug zweier griechischer Wörter ab und bedeutet frei übersetzt Freund der Abgabenfreiheit, also der Freimachung oder der Frankierung. Dieser Begriff setzte sich rasch durch und wird in der deutschen Sprache als Synonym zur Briefmarkenkunde verwendet. Aus den Briefmarkenliebhabern wurden Philatelisten. Nachdem sich die Philatelie mit der Freimachung also mit Briefmarken beschäftigt, deckt die Vorphilatelie das ab was vorher war. Früher wurde dafür auch die nicht sehr präzise Bezeichnung Altbriefkunde verwendet. Wolfgang Maassen schlägt den Begriff Vormarkenzeit vor. Dies wäre sprachlich korrekter. Aber im täglichen Gebrauch wird meist Vorphilatelie verwendet und der gleiche Ausdruck findet sich auch in der französischen und der englischen Sprache.
Hier ein paar Beispiele zu Verdeutlichung

Abbildung 1

Am 31. Dezember 1848 wurde der Brief in Abbildung l von Strassburg nach Kauffenheim aufgegeben. Vorausbezahlt wie der rote Kastenstempel PP zeigt. Der letzte Tag dieses Jahres war in Frankreich auch der letzte Tag der Vorphilatelie, denn auf den 1. Januar 1849 wurden in Frankreich Marken herausgegeben.
In der Schweiz waren es die kantonalen Postverwaltungen von Zürich (1.3.1843), Genf (30.9.1843) und Basel (1.7.1845) welche die Vormarkenzeit beendeten. Aber nur für die jeweiligen Kantone. Erst mit der Gründung des Bundesstaates 1848 wurde auch die Post eidgenössisch. Am 18. Mai 1850 wurde zwar die Ortspostmarke ohne Kreuzeinfassung verausgabt, aber erst mit der Ausgabe der Rayonmarken anfangs Oktober 1850 war die Zeit der Vorphilatelie für die ganze Schweiz beendet.

Abbildung 2

Schon etwas komplizierter wird es beim Brief vom 15. Februar 1843 von Fribourg nach London (Abbildung 2). Er war mit 10 Kreuzern vorausbezahlt bis zur Schweizer Grenze. Der französische Stempel A.E./J.F. (Affranchieä l'etrangerjusqu'ä lafrontiere) stammt vom Grenzbüro in Fernay. Der Stempel des Grenzbüros ist von der englischen Marke überdeckt. Die Taxierung von l Shilling 2 Pence steht für den Transport durch Frankreich bis nach London. Der Adressat war abgereist, daher die Umadressierung. Der Taxierungsvermerk wurde, weil bezahlt, gestrichen. Gleichzeitig erfolgte die Frankatur mit einem Pence für den Weitertransport nach Carrington. Für die Schweiz klar ein Brief der Vormarkenzeit für Grossbritannien natürlich nicht.

Abbildung 3

In Abbildung 3 ein Brieflein im ersten Rayon von Belielay nach La Joux. Die Taxzahl 5 zeigt den zu bezahlenden Betrag an. Hier handelt es sich vom Datum her eindeutig nicht mehr um einen Vorphilabrief sondern um einen Brief ohne Marken. Es ist wichtig diesen Unterschied zu machen, denn gerade im Internet und teilweise auch im Handel scheint dies nicht immer klar zu sein. Hier wäre auch noch anzumerken, dass bis im Juli 1862 mehr unfrankierte Briefe versandt wurden als frankierte Belege. Dies vor allem weil beide Versandarten gleich teuer waren. Dies schlägt sich aber im heutigen Angebot nicht nieder, da viele markenlose Briefe zwischenzeitlich vernichtet worden sind. Nun zum Thema Franko - Porto. Dies gibt mir auch gleich die Gelegenheit Werbung für unseren Rundsendedienst zu machen, stammen doch die nächsten zwei Belege zur Illustration dieses Themas aus einer Rundsendung.

Abbildung 4

Bei Portobriefen handelt es sich grundsätzlich um unfrankierte Briefe. Dies gilt von der Vormarkenzeit bis heute. Abbildung 4 zeigt einen Brief vom 23. November 1843 von Aarau nach Zofingen. Die mit Rotstift angebrachte 2 zeigt die vom Empfänger zu bezahlende Taxe von 2 Kreuzern. Bei Portobriefen ist die zu bezahlende Taxe immer auf der Vorderseite des Briefes zu finden. Das Gleiche sehen wir auch in Abbildung 3.

Abbildung 5

Bei Franko, also bezahlten Briefen finden sich im Normalfall keine Taxvermerke auf der Vorderseite. Dafür finden wir Hinweise darauf, dass die Poststücke «frei» gemacht wurden und damit franko sind. In Abbildung 5, der Stempel «Franco» aus Aarau. Häufiger aber ist es ein «PP» Stempel. Der Taxvermerk befindet sich hier auf der Rückseite des Briefes.
Im internationalen Verkehr kann man auch Teilfrankobriefe finden. Ein Beispiel finden wir in Abbildung 6. Am 9. Juli 1828 von Bern nach Barcelona gesandt. Damals war es zwingend Briefe bis zur spanischen Grenze freizumachen. Das wurde in Bern mit dem Vermerk «fco Perpignan» festgehalten und mit dem Einkreisstempel PP bestätigt. Dieser PP Stempel wurde gemäss des Stempelwerks der Stadt Bern von Max Keller erst auf 2 Briefen gefunden. Bei der Briefaufgabe stellte man auch fest, dass der Brief mehr als 10 Gramm wog und damit im 2. Gewichtssatz lag (2 links oben). Am Grenzübergang in Delle wurde anstelle des Grenzstempels Suisse/Delle der Stempel P.66P./Delle und der Datumsstempel vom 23. Juli 1828 geschlagen. Solche Datumsstempel wurden in ganz Frankreich 1828 eingeführt. Für die spanische Wegstrecke bis Barcelona schliesslich wurde der Brief zusätzlich mit 11 (?) Reales de Vellon belastet, welche vom Empfänger zu bezahlen waren.

Abbildung 6

Die Taxvermerke auf der Rückseite 11 gr(amm) 20 d(ecimes). Dies entspricht gemäss Tarif vom 1.1.1828 der Taxe für einen Brief von 10-15 Gramm für die Distanz von 600- 750 Kilometern Luftlinie (Delle-Perpignan). Dies umgerechnet in Kreuzer und die Taxe für die Berner Wegstrecke dazugezählt, ergibt die ausgezeichneten 72 Kreuzer. Ein stolzer Betrag für die damalige Zeit. Die 72 wurde, da in Bern bezahlt, gestrichen.