Die Schweizer Briefpost 1850-1872 nach der Iberischen Halbinsel -Teil 3
B. Briefe nach Portugal
In dieser 3. Folge werden Briefe nach Portugal und Gibraltar diskutiert.
Portugal war entweder über den Seeweg oder über den spanischen Landweg erreichbar. Die Schweiz hatte zu dieser Zeit jedoch keinen Vertrag mit Portugal und war für die Beförderung von Post auf andere Vertragsstaaten angewiesen. Frankreich hatte seit 1844 einen Postvertrag mit Portugal und Spanien und Spanien unterhielt ebenfalls einen Postvertrag mit Portugal. Die Briefe mussten mit «P.P.» gekennzeichnet werden, da sie nicht bis zur Enddestination frankiert waren. Post wurde ab der spanisch-französischen Grenze unfrankiert durch Spanien an die portugiesische Grenze transportiert, wo eingehende Briefe mit 240 Milreis je 7.5 Gramm/4 Adarmes taxiert wurden, welche auf Grund nachfolgender Tabelle 11/3 Fr. oder 5 1/3 Reales de vellön entsprachen. Dies deckte die Kosten für Transit und Zustellung bis Enddestination und musste vom Empfänger bezahlt werden.
Spanien erhielt für jede Unze Briefpost im Transit monatlich 8 Reales de vellön von Portugal. Diese Briefe zeigen jedoch keine Stempel, welche auf den spanischen Transit hinweisen würden.
Die ursprüngliche portugiesische Währung Reis (singular Real) wurde 1835 per Dekret auf Grund seiner Schwäche in Milreis umgewandelt (= 1000 Reis). Der Begriff Reis wurde jedoch trotzdem weiterverwendet.
Im Laufe der Zeit, konnten Briefe aus der Schweiz auch über Italien und England nach Portugal geleitet werden. Es sind bisher jedoch keine solche Briefe bekannt geworden.
B.1 Post gemäss Tarif von 1859 frankiert
Die Tarife über den spanischen Landweg sind in Tabelle 10 illustriert (siehe Teil 2, PG Dezember 2024).
B.1.1 Brief vom 13. März 1860
Dieser Brief wog, laut roten handschriftlichen Vermerks, 8 Gramm, lag somit in der zweiten Gewichtsklasse und musste mit 2 x 55 Rappen frankiert werden. Es war eine Teilfrankatur für das Porto bis zur französisch-spanischen Grenze und wurde deshalb schon in der Schweiz mit «P.P.» gekennzeichnet. Die Leitung erfolgte über Paris, wie die Transitstempel von Beifort a Paris und Paris (14. März) zeigen. Der Brief erreichte Lisboa am 21.3. und wurde, entsprechend seinem doppelten Gewicht mit 480 Milreis taxiert.
Abbildung 13
Brief (doppeltes Gewicht) von La Chaux-de-Fonds nach Lissabon.
B.2 Post gemäss Tarif von 1862 frankiert
Hier finden wir die gleichen Bedingungen wie im Postvertrag von 1859 (Tabelle 10) vor, wobei das Porto bis zur französisch-spanischen Grenze im Jahr 1862 von 55 auf 50 Rappen gesenkt wurde, wie in Tabelle 13 für Portugal gezeigt wird.
Tabelle 13
Auszug des Tarifs von 1862 für Briefe nach Portugal.
B.2.1 Brief vom 22. August 1864
Briefe wurden gemäss Beschreibung unter B.2 behandelt und dies wird anhand des Briefes in Abbildung 14 illustriert. Ursprünglich wurde fälschlicherweise der Stempel «PD» angebracht jedoch mit dem erforderlichen «PP» zweifach korrigiert!
Der Brief wurde über Basel transportiert und einzig der Stempel des Grenzbüros St. Louis zeugt davon, dass der Brief über Frankreich und dann nach Spanien geleitet wurde, denn es fehlen französische und/oder spanische Transit- oder Grenzstempel. Der Brief erreichte Lisboa Ende August, und der Empfänger musste eine Taxe von 240 Milreis entrichten.
Abbildung 14
Brief von Unterseen über Frankreich und Spanien nach Lissabon
B.3 Post gemäss Tarif Vom 1. November 1866
Der Tarif vom 1.11.1866 ist in Tabelle 14 illustriert. Nach der Einführung dieses neuen Tarifs konnten Briefe aus der Schweiz bis nach Portugal frankiert werden, was durch den Stempel «PD» angezeigt wurde. Die Taxe von 240 Milreis, die der Empfänger bisher entrichten musste, entfiel somit.
Tabelle 14
Tarife für gewöhnliche Briefe vom 1. November 1866 für Destinationen in Portugal.
B.3.1 Brief vom 16. September 1867
Abbildung 15 illustriert einen Brief, der diesem neuen Tarif entspricht, nämlich 70 Rappen für ein Gewicht bis 7K Gramm. Ein Schweizer Stempel «St. GallenZürich» befindet sich auf der Rückseite und ein unleserlicher roter Grenzstempel zeugen von einer Leitung über Frankreich, aber es sind keine Transitstempel auszumachen. Der Brief erreichte Lisboa am 24.2. und wurde mit dem ovalen Stempel «Franca» versehen, welcher bestätigt, dass kein Porto mehr zu bezahlen war.
Abbildung 15
Brief von St. Gallen nach Lissabon gemäss neuem Tarif.
C. Briefe nach Gibraltar
C.l. Post gemäss Tarif von 1859 frankiert
Wie Tabelle 15 zeigt, bestanden zwei Möglichkeiten Briefe aus der Schweiz nach Gibraltar zu schicken: entweder über den üblichen Landweg oder mittels britischen Paketboten. Aus der Zeit vor der UPU sind bisher lediglich zwei Briefe aus der Schweiz nach Gibraltar bekannt. Beide wurden gemäss Tarif für den Transport mit englischen Schiffen frankiert, doch keiner wurde per Schiff befördert.
Tabelle 15
Auszug des Tarifs vom10.Juni 1859 für Briefe nach Gibraltar.
C.1.1 Brief vom 5. November 1860
Die Vorderseite dieses Briefes (Abbildung 16) spricht Bände. Einerseits befindet sich ein «PD» Stempel welches für den Transport über England und einer Beförderung mit britischen Paketboten gemäss Route 15 der Tabelle 15, bezahlt bis zum Empfänger, steht.
Abbildung 16
Brief von Aarau nach Gibraltar. (Quelle der Abbildung: Corinphila Auktion 2011)
Der Weg über England führte zuerst im Transit durch Frankreich und der rote schweizerische Grenzstempel «Suisse - St. Louis» bestätigt, dass diese Route eingeschlagen wurde aber Informationen zu allfälligen rückseitigen Transit- und/oder Grenzstempel fehlen. Die spanische Taxe von 12 Reales de vellön, die der Empfänger zu bezahlen hatte, kann jedoch nur damit erklärt werden, dass der Brief von St. Louis nicht über England, sondern über Spanien nach Gibraltar geleitet wurde. Bei einer Beförderung über England wäre keine solche Taxe angefallen. Der Absender beabsichtigte dem Empfänger die Portokosten zu ersparen und frankierte den Brief mit 3 x 95 Rappen, d.h. 2.85 Franken, vergass aber dabei den Leitweg anzugeben. Die französischen Behörden leiteten somit den Brief direkt nach Spanien, mit den beschriebenen Konsequenzen. Frankreich erhielt somit die Differenz zwischen den Tarifen der Leitwege, d.h. 3 x (95-55) Rappen, d.h. insgesamt 1.20 Franken - zum Schaden des Empfängers.
C.1.2 Brief vom 5. Juli 1863
Die Tarife, inklusive die der englischen Übersee-Destinationen wurden im Jahr 1862 angepasst und von 95 auf 90 Rappen gesenkt. Der nachfolgende Brief (Abbildung 17) wurde, um dem Empfänger Kosten zu ersparen, vom Absender mit 90 Rappen frankiert, wie der «PD» Stempel zeigt. Leider wurde auch in diesem Falle kein Leitweg angegeben. Somit konnte die französische Post den Brief über den Landweg bis zur französisch-spanischen Grenze befördern. Dort wurde er als Inlandbrief der ersten Gewichtsklasse mit 4 Reales de vellön taxiert.
Abbildung 17
Brief von Vevey nach Gibraltar.
Fazit - Die zwei Briefe sind weder falsch frankiert noch überfrankiert und erwecken diesen Eindruck nur wegen der fehlenden Angabe des Leitweges über England, der zwar langsamer, aber insgesamt kostengünstiger war. Dies liegt insbesondere an den Taxen, die der Empfänger entrichten musste - 3 bzw. 1 Franken.
D. Der direkte Weg nach Spanien im Kartenschluss
In diesem 4. Teil werden Briefe nach Spanien behandelt welche, wie in Abbildung 2 auf Seite 30 der POSTGESCHICHTE Nr. 179 (September 2024) dargestellt, über Basel oder Genf direkt nach La Junquera bzw. Irun geleitet wurden. Dies im geschlossenen Transit durch Frankreich. Das heisst, die Poststücke wurden im schweizerischen Grenzbüro in ein Briefpaket verpackt und an das spanische Grenzbüro weitergeleitet.
D.1. Briefe gemäss Tarif von 1851
Der Postvertrag zwischen der Schweiz und dem Königreich Spanien vom 2. Nov. 1850 wurde im Januar 1851 ratifiziert. Dies führte zu folgenden Einschränkungen im Tarif:
1. Briefe waren als Portobriefe zu versenden, das heisst der Empfänger musste das Porto bezahlen.
2. Briefe wurden täglich in Basel oder Genf gesammelt und in einem geschlossenen Behälter (z.B. Kuvert, Tasche) zu den Grenzbüros in La Junquera bzw. Irun weitergeleitet. Daher weisen sie nie einen französischen Grenzübergangsstempel auf.
3. Briefe wurden mit einer Gewichtsprogression von 4 Adarmes (entsprechend einer Viertel Unze oder 7.5 Gramm) mit jeweils 4 Reales de Vellön belastet (siehe Tabelle 16).
4. Briefe nach Gibraltar und Portugal waren in diesem Vertrag nicht berücksichtigt und mussten daher weiterhin durch die französische Post bis zur spanischen Grenze geleitet werden.
Tabelle 16
Auszug des Tarifs zum 1851 ratifizierten spanisch-schweizerischen Vertrags.
Aus der Rayon Zeit ist bisher kein Brief bekannt, der diesem Tarif entsprechen würde.
D.1.1 Brief vom 11. Juli 1855
Abbildung 18 zeigt einen offiziellen Brief des Bundesrates von Bern über Genf nach Barcelona (Transit- und Ankunftsstempel vom 12. bzw. 15. April auf der Rückseite). Der Brief in der 16. Gewichtsklasse (112,5 -120 Gramm) wurde mit 64 Reales taxiert, was 16 Franken entsprach. Für die damalige Zeit ein Vermögen. Es sind einige Briefe aus dieser Korrespondenz bekannt. Es ist die zweithöchste mir bekannte Taxierung auf Briefen aus der Schweiz nach Spanien.
Abbildung 18
Schwerer offizieller Brief des Bundesrates an den Schweizer Konsul in Barcelona.
Zur Kennzeichnung des anzuwendenden Postvertrags/Tarifs wurden die Briefe mit einem entsprechenden Stempel gekennzeichnet. In diesem Fall zeigt der blaue Kastenstempel [SUIZA], dass der Brief dem spanisch-schweizerischen Postvertrag anzuwenden war.
D.1.2 Brief vom 30. November 1858
Das Porto für Briefe im Kartenschluss blieb auch im Tarif vom I.Juli 1858 unverändert bestehen. Abbildung 19 zeigt einen Brief aus Hinter-Farera (Graubünden), welcher über Chur nach Genf geleitet wurde (Stempel vom 2.12.1858) und von dort im Kartenschluss über La Junquera (Transitstempel) weiter nach Madrid (Ankunftsstempel 8.12.1858) befördert wurde. Auch hier zeigt der blaue Kastenstempel [SUIZA] das Herkunftsland an. In diesem Falle betrug Porto 4 Reales de Vellön (l Franken) für den Brief in der ersten Gewichtsstufe.
Abbildung 19
Brief der ersten Gewichtsstufe aus der Schweiz im Kartenschluss nach Madrid.
D.1.3 Brief vom 14. Januar 1860
Der Brief (Abbildung 20) wurde in Wädenschweil aufgegeben und via Zürich nach Genf (16. Januar) transportiert. Von dort im Kartenschluss nach La Junquera (rückseitiger Stempel vom 18. Januar 1860) geleitet. Von dort gelangte der Brief nach Murcia (Transitstempel, 23. Januar) und erreichte schliesslich Cartagena am 25. Januar 1860. Der Brief entsprach der zweiten Gewichtsstufe, war also schwerer als 7.5 aber weniger als 15 Gramm. Er wurde daher gemäss Tarif mit 8 Reales de Vellön taxiert, was umgerechnet einem Porto von 2 Franken entsprach.
Abbildung 20
Brief der zweiten Gewichtsstufe aus der Schweiz im Kartenschluss nach Cartagena.
D.2. Der Übergang zu vorfrankierten Briefen
Das genaue Datum des Übergangs auf Frankobriefe ist mir nicht bekannt. Einen ersten Hinweis finden wir aber im kleinen Briefposttarif, welcher ab Ende 1862 Gültigkeit hatte (Tabelle 17). Es war jetzt möglich zwischen vorausfrankiertem Frankobrief (f) und unfrankiertem Portobrief (p) zu wählen. Dies zu einem Betrag von 80 respektive 100 Rappen. Vorausfrankierte Briefe sind mir bisher erst ab dem Jahre 1865 bekannt.
Tabelle 17
Auszug des 1862 im ersten Schweizer Rayon verwendeten Briefposttarifs.
D.2.1 Brief vom 15. Mai 1863
Abbildung 21 zeigt einen unfrankierten Brief von Herisau, welcher über St. Gallen wahrscheinlich nach Basel (kein Transitstempel) geleitet wurde.
Abbildung 21
Brief der ersten Gewichtsstufe aus der Schweiz im Kartenschluss nach Granada. (Quellennachweis: Sammlung Jose Imper)
Er wurde anschliessend im Kartenschluss nach Irun transportiert, wie der rote Transitstempel vom 18. Mai auf der Rückseite zeigt. Die 4 Reales de Vellön entsprachen dem Tarif für Portobriefe von weniger als 7.5 Gramm. Den rot eingefassten Herkunftsstempel [SUIZA] (van der Linden Nr. 2734) konnte bisher nur einmal nachgewiesen werden, normalerweise erscheint er in schwarz oder blau. Der Brief wurde weiter nach Granada (Andalusien) befördert-Ankunft am 24. Mai 1863.
D.2.2 Brief vom 2. April 1865
Gemäss Tarif aus Tabelle 17 betrug das Porto für vorausfrankierte Briefe 80 Rappen pro Gewichtseinheit von TA Gramm, hier mit 2 x 40 Rappen der sitzenden Helvetia gezähnt beglichen (Abbildung 22).
Abbildung 22
Vorfrankierter Brief aus der Schweiz im Kartenschluss nach Barcelona mit rückseitigem Stempel des Briefträgers des 6. Bezirks.
Der Kastenstempel [SUIZA] auf frankierten Briefen nach 1862 ist eine Rarität. Auf der Rückseite findet sich, neben den üblichen Transit- und Ankunftstempel, auch einen Stempel des Briefträgers (Abbildung 21 rechts), in diesem Fall des sechsten Bezirks.
D.2.3 Brief vom 4. Oktober 1865
Im Beispiel von Abbildung 23 wurde der Brief lediglich mit 50 Rappen frankiert und war somit um 30 Rappen unterfrankiert. Er wurde deshalb mit dem Stempel «AFFR. INSUF.» (ungenügende Frankierung) austaxiert und das «P.P.» steht dann für eine Teilfrankierung. Ab dem 1. September 1864 galt für ungenügend frankierte Briefe nach Spanien die Regel, dass das Porto für einen unfrankierten Brief minus der verklebten Frankatur zu belasten war. Dies wurde so im Postamtsblatt 64 von 1864 publiziert. Für unser Beispiel galt also 100 Rappen (unfrankiert) minus 50 Rappen (Frankatur) gleich 50 Rappen (Taxierung). Der blaue Stempel 18 (Cuartos) zeigt die vom Empfänger zu erhebende Taxe, was etwas mehr als 50 Rappen entspricht. An der spanischen Grenze wurde wiederum der Kastenstempel [SUIZA] angebracht sowie auf der Rückseite der blaue Stempel Cda, eine Abkürzung für «Cargada» oder «Cobrada» (belastet oder bezahlt) je nach Interpretation verschiedener Autoren (Gilabert und Pedraza, 2010), welcher auf die Bezahlung der Taxe hinweist.
Abbildung 23
Ungenügend frankierter Brief aus der Schweiz im Kartenschluss nach Barcelona mit rückseitigem Stempel Cda, im Zusammenhang mit der Taxe von 18 cuartos.
D.2.4 Brief vom 16. April 1866
Am 1. Februar 1866 trat ein neuer Tarif mit Spanien in Kraft, welcher eine Senkung der Taxen vorsah, die in Tabelle 18 für Briefe und Drucksachen zusammengefasst sind.
Tabelle 18
Abbildung 24
Ungenügend frankierter Brief aus der Schweiz nach Madrid.
Der Brief aus St. Gallen in Abbildung 24 wurde über Basel nach Madrid geleitet, womöglich über Irun, doch es fehlen Stempel der zwei üblichen spanischen Grenzorte. Die Frankatur von 60 Rappen wäre für einen einfachen Brief bis 7K Gramm korrekt gewesen. Das Gewicht war aber höher. Gemäss der Tabelle 18 wäre eine Frankatur von 120 Rappen richtig gewesen. In St. Gallen wurde der Stempel «affranch. insuff.-». angebracht. Die spanischen Behörden belegten den Brief mit einer Taxe von 33 Cuartos, die vom Empfänger entrichtet werden mussten. Dieser Betrag kam wie folgt zustande. Gemäss Postvertrag betrug das Porto für einen doppeltschweren unfrankierten Brief 6 Reales de Vellön, zu je 8.5 Cuartos (siehe PG Dezember 2024, Vorwort), d.h. 51 Cuartos von denen jedoch 18 Cuartos für die bereits bezahlten 60 Rappen der Frankatur abgezogen wurden (10 Rappen = gerundete 3 Cuartos).