Die Vereinigung für Postgeschichte setzt die Digitalisierung fort.
An der Generalversammlung der Schweizerischen Vereinigung für Postgeschichte (abgekürzt SVPg), vom 27.4.2024, gesellte sich ein weiteres Feature zu der Webseite des SVPg https://www.postgeschichte.ch. Das neue Feature gibt den Mitgliedern der SVPg einen Einblick in die Vielfalt der Postamtsblätter und Verfügungen, welche in der Zeit von 1849-1921 publiziert wurden (ab 1922 wurden die Verfügungen durch dienstliche Mitteilungen abgelöst). Die Applikation wurde gesponsert von Giovanni Balimann als Datenlieferant und Ren6 Kuhlmann mit seiner Firma als Entwickler und Hoster der Webseite. Diese Zusatzapplikation ist daher für die SVPg nicht budgetrelevant, solange die Webseite, von der dieses Tool abhängig ist, weiterhin bei Philaworld Media unter Betrieb steht.
Doch um was geht es bei dieser Applikation:
Die Post hat in der Zeit von 1849-1921 rund 14'000 Bestimmungen in Form von Postamtsblättern und (nur für den Post-internen Gebrauch vorgesehene) Verfügungen erlassen. Diese Dokumente sind relevant, um die Zusammenhänge bestimmter Postwege, Tarife und den Einfluss der Weltgeschichte zu verstehen. Als typisches und einfaches Beispiel sollen hier die Bundesratsbeschlüsse für die Opferhilfen genannt werden, die bei Natur- oder Brandkatastrophen als Verfügung für die Portofreiheit der betroffenen Bewohner für eine zeitlich beschränkte Dauer Anwendung fanden. Wenn es demnach um portospezifische Angelegenheiten ging, zu denen ein Einzeltarif existierte, konnte dieser mit Postamtsblättern und/oder Verfügungen kurzfristig abgeändert werden, ohne gleich ein neues Tarifdokument erstellen zu müssen. Hatte eine Änderung bestand, wurde Sie in den nächsten Tarif aufgenommen. Wer nun solche Bestimmungen sucht (vorwiegend Heimatsammler), der muss sich erst auf einen Zeitrahmen festlegen, damit er dann im Historischen Archiv der PTT in Köniz die Vorschriften während des interessierenden Zeitfensters in den Postamtsblättern resp. Verfügungen durchsuchen kann. Im Durchschnitt gab es pro Jahr etwa 200 solcher Publikationen. Wir sehen schon, der Zeitaufwand dafür ist riesig; es lag deshalb nahe, hier im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung ein weiteres Hilfsmittel anzubieten. Jede Verfügung oder Publikation im Postamtsblatt wird definiert durch das Jahr, in welchem diese erstellt wurde, einer fortlaufenden Sachnummer pro Jahr, dem Titel der behandelten Sache und schliesslich dem Text selbst.
Giovanni Balimann hatte über Jahre diese drei Parameter (Jahr, Sachnummer und Titel) in einer Art Index der Postamtsblätter und Verfügungen digital erfasst und Interessierten, in Form eines geschützten PDF-Dokumentes, welches man durchsuchen konnte, zur Verfügung gestellt. Diese Daten stellte er mir ungeschützt zur Verfügung mit der Auflage, dass ich, exklusiv für die Mitglieder der SVPg, eine Webapplikation schreiben würde.
In Sekundenbruchteilen stellt diese Applikation alle Titel zum eigegebenen Suchbegriff in einer Liste dar. Die Applikation wurde so aufgebaut, dass, wenn der Dateninhalt der Publikation als PDF-Datei vorhanden ist, man diese hinzufügen und so den Mitgliedern zur Verfügung stellen kann. Es ist aber schon eine grosse Hilfe, dass die Titel der Publikationen in elektronischer Form nach gewissen Begrifflichkeiten durchsucht werden können.
Gehen wir auf die Webseite der SVPg https://www.postgeschichte.ch und logen uns ein. Wie bereits erwähnt, steht die Applikation nur den Mitgliedern zur Verfügung und funktioniert nur mit der Anmeldung auf der Webseite. Wenn die Anmeldung auf der Webseite erfolgt ist, erkennt der Anwender dies daran, dass nun seine Mailadresse am rechten oberen Rand das "Login" ersetzt hat. Nun gehen wir auf den Menupunkt "Wissen" und die darunterliegende Auswahl "PA&-Verfügungen". Wer sich nicht angemeldet hat oder trotz Anmeldung kein Mitglied ist, erkennt dies an folgender Meldung:
Wenn man aber angemeldetes Mitglied ist, so wird die Seite mit 10 untereinander liegenden Kacheln angezeigt. Angefangen bei 1849, stellt jede Kachel ein Jahr dar und zeigt die ersten fünf Einträge aus dem entsprechenden Jahr.
Mit dem Button "Mehr", wechselt die Webseite in das gewählte Jahr und zeigt pro Seite 20 Einträge der Verfügungen (V) und der Postamtsblätter (PA) an. Blättern kann man am unteren Rand der Webseite. Soviel zum Überblick der Verfügungen und Postamtsblätter pro Jahr.
Man kann aber auch nach Jahrzehnten selektieren, so dann man auch 1869-1879 einsehen kann und dann mit dem "Mehr"-Button unter 1866 z.B. die Verfügung zum innerdeutschen Krieg finden, der für Briefpost in den Norden von Preussen eine Umleitung über Paris erzwang, natürlich dann zu den Französischen Briefposttarifen. Doch wie es so ist, muss man in diesem Fall alle Titel aus der Liste lesen, denn 1866 gab es 103 solcher Dokumente.
Weit einfacher ist aber die Abfrage mit dem Suchbegriff "Leitung" und eingeschränkt auf die Jahre 1859-1869. Leider steht der Weg über Paris allerdings nicht im Titel, daher muss man es über "Umwege" versuchen. In der Liste wird man so auf Seite 3 fündig, und in diesem Fall sogar mit bereits angehängtem PDF.
Mitglieder, die Kopien von aufgelisteten Publikationen besitzen, für welche noch kein PDF verlinkt werden konnte, werden gebeten, diese dem Betreuer der Webseite zukommen zu lassen, damit die Applikation im Interesse aller Mitglieder weiterentwickelt werden kann.
Nun wünsche ich allen Mitgliedern der SVPg viel Spass mit der neuen Funktion.
Wer Verfügungen und Postamtsblätter im Historischen Archiv der PTT in Köniz bestellt, muss wissen, dass dies nicht gratis ist, denn die Dokumente müssen aus dem Archiv geholt und fotografiert werden, wofür eine Gebühr verlangt wird. Anbei den Inhalt der Mail vom MFK zu meiner Anfrage betreffend die Gebühr für Kopien von Postamtsblättern und Verfügungen.
Auszug aus der Mail von Schmutz Barbara b.schmutz@mfk.ch
Was unsere Bearbeitungspauschale betrifft, stellen wir Fr. 30.— in Rechnung, wenn wir für unsere Benutzenden Neuscans erstellen sollen. Dabei sind drei Seiten gratis inbegriffen, womit kurze Dokumente meist ausreichend abgegolten sind. Für längere Dokumente erheben wir zusätzlich pro Seite eine Gebühr von Fr. —.50.
Für sehr lange Aufträge müssen wir auch die Arbeitszeit in Rechnung stellen, aber dafür erstellen wir jeweils eine Offerte. Genaue Angaben sind nicht möglich, das hängt von der Beschaffenheit und dem Zustand des Originales ab.
Die Postamtsblätter sind bereits digitalisiert; die Verfügungen müssen jeweils noch digitalisiert werden. Wir helfen mit diesem Betrag, der zu zahlen ist, dem Archiv bei der Finanzierung der Digitalisierung weiterer Dokumente. Das sollte man nicht vergessen.