Flugpost aus Liechtenstein im zweiten Weltkrieg nach Amerika (II)
(Ein Beitrag zur Postgeschichte von Liechtenstein)
2. Anschlußflüge ab der Schweiz im zweiten Weltkrieg
Von der Schweiz und Liechtenstein aus gesehen, fand der Krieg zunächst einmal im Norden statt. Ein (Schweizer) Bundesbeschluß vom 29. August verbot die zivile Luftfahrt. Luftpost aus Liechtenstein mußte danach über die Schweizer Auswechslungs- oder Auslandsleitpostämter (Basel, Genf und Chiasso) mit der Bahn, d.h. auf dem Landweg ins Ausland geschickt werden, wo diese Post dann Anschluß an noch funktionierende Luftpostverbindungen fand.
Mit Kriegsbeginn mußte die Schweizer Luftfahrtgesellschaft Swissair ihren gesamten Dienst einstellen, auch ausländische Fluggesellschaften flogen nicht mehr in die Schweiz. Italien blieb zunächst neutral und erklärte erst am 10. Juni 1940 Frankreich den Krieg.
Von dem im Sommer 1939 neuerbauten Flugplatz Magadino bei Locarno aus nahm die Swissair im Frühjahr 1940 zwei neue Fluglinien in Betrieb, welche die Schweiz mit Italien und Spanien verbinden sollten. Diese Linien führten nicht nur zu einer Beschleunigung des Luftpostverkehrs nach diesen Ländern, sondern dienten auch der Beförderung von Anschlußpost nach Nord- und Südamerika auf den existierenden und noch näher zu behandelnden Linien. Allerdings waren beide Verbindungen äußerst kurzlebig. Die Linie Locarno - Rom konnte nur vom 18. März bis 25. Juni 1940 und dann noch einmal vom 2. bis 15. Januar 1941 betrieben werden. Die Fluglinie Locarno - Barcelona bestand sogar nur vom 1. April bis 11. Juni 1940, sie mußte nach dem Kriegseintritt Italiens wieder aufgegeben werden. Danach verfügte die Swissair und damit die Schweiz nur noch über eine einzige Linie, die sie mit Deutschland verband. Vom 30. September 1940 bis 14. November 1941 wurde von Zürich nach München geflogen. Ab 19. November 1941 bis 30. Januar 1943 lautete die Streckenführung Zürich - Stuttgart - Berlin. Ab 1. Februar 1943 wurde kriegsbedingt von Zürich ab nur noch Stuttgart angeflogen, und am 16. August 1944 nach der Invasion der Alliierten in Frankreich und der Verschärfung des alliierten Bombenkrieges auf Deutschland mußte auch diese Linie eingestellt werden. Die Schweiz und Liechtenstein waren danach bis zum Kriegsende ohne einen direkten Luftpostanschluß an die Außenwelt.
3. Luftpostportosätze nach Amerika
Die sowohl für Liechtenstein als auch die Schweiz gültigen Portosätze während des zweiten Weltkrieges betrugen: 20 Rp. für eine Auslandskarte und 30 Rp. für einen gewöhnlichen Auslandsbrief bis 20 gr. Hierzu kamen für Sonderbehandlungen 30 Rp. für Einschreiben und 60 Rp. für Eilbotenzustellung. Die wichtigsten Flugposttaxen betrugen, aufgeteilt nach Bestimmungsländern: (Zuschlag für je 5 gr Gewicht).
- Südamerika direkt: via Marseille 200 Rp., ab 18.12.1939 via Marseille (bis Juni 1940) oder Rom 210 Rp. bis Ende 1940; 1941 bis Ende Januar 1942, dann 240 Rp.
- Nordamerika (USA, Canada, Alaska, Neufundland) via Lissabon: 1939: 50 Rp., 1940 - 28.2.1941: 60 Rp., ab 1.3.1941 bis Kriegsende 15 (zuletzt via London) 70 Rp
- Zentralamerika (Festland und karibische Inseln) via New York: 1939: 80 Rp., 1940 - 1943: 90 Rp., 1944 bis Kriegsende 1945: 100 Rp.
- Nördliches Südamerika (mit den Staaten Venezuela, Kolumbien, Peru, Equador, sowie den Guayana-Kolonien), via New York: 1939: 140 Rp., 1940 bis 31.5.1943: 130 Rp, vom 1.6.1943 bis Kriegsende 1945: 100 Rp.
- Südliches Südamerika (Argentinien, Chile, Bolivien, Uruguay und Brasilien) via New York: 1939: 140 Rp., 1940 bis zum Kriegsende 1945: 150 Rp
Anhand dieser Angaben dürfte es wenig Mühe machen, vorkommende Belege, wie z.B. auch die nachfolgend abgebildeten und beschriebenen Briefe darauf zu überprüfen, ob sie portogerecht frankiert sind. Das genaue Gewicht ist immer im Leitvermerksstempel notiert, sofern ein solcher angebracht wurde.
4. Luftpost aus Liechtenstein nach Südamerika
Sofort mit Kriegsbeginn wurde der Flugdienst der Deutschen Lufthansa nach Südamerika eingestellt, da bis auf weiteres Frankreich und dessen Kolonien in Westafrika von deutschen Flugzeugen nicht mehr überflogen werden konnten.
Die französische Fluglinie von Marseille via Dakar (Senegal) nach Südamerika blieb auch nach Kriegsbeginn bestehen und mußte erst im Mai 1940 aufgegeben werden, nachdem deutsche Truppen in Frankreich unaufhaltsam vorrückten.
Abb. 1
Abb. l zeigt einen Brief aus Schaan vom 12. Juni 1940 nach Südbrasilien, bei dem in der Leitstelle in Buchs als Leitweg "Genf l" und "Air France" aufgrund älterer PTT-Veröffentlichungen eingetragen worden war. Das Porto hätte aber für diesen Leitweg nicht ausgereicht, da der Luftpostzuschlag für 5 gr. auf der Linie Marseille-Brasilien 210 Rp. betrug. Stattdessen wurde der Brief, wie vom Absender gewünscht, auf dem Landweg nach Lissabon, dann mit dem amerikanischen Clipper (PAA Route FAM 18) via Horta (Azoren) nach New York und von dort auf dem inneramerikanischen Luftweg nach Brasilien befördert. Außer dem brasilianischen Zensurstempel trägt der mit 3.30 Fr. für diesen Luftweg richtig frankierte Brief rückseitig noch den Ankunftsstempel Porto Alegre vom 1.7.1940. Dieser Beleg trägt ebenso wie Abb. 3, 4 und 6 einen Kastenstempel "LIVRE/ PORTO ALEGRE", wobei es sich um den Freigabe vermerk der in Südbrasilien tätigen Zensur handelt.
Der vorstehend beschriebene Weg ist wohl in den ersten Kriegsjahren nicht so häufig gewählt worden. Wie an späterer Stelle beschrieben, wurde die Transitpost auf der Nordatlantikroute ab Anfang 1940 von den Engländern zensiert, während die Post auf den ab dem Mittelmeerraum beginnenden Flugverbindungen keiner Transitzensur unterworfen war.
Fortsetzung folg
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